Teil 2
Die Aussicht von Bergeshöhen ins weite Land hinaus genoss man von Urzeiten an, die von den Kirchtürmen auf die Dächer der umliegenden Häuser erst nach deren Erbauung. Die Verschönerungs- und Wandervereine kamen den Wunsch der Wanderer nach und erstellten Türme unterschiedlicher Baustile in freier Landschaft und inmitten von Wäldern, besonders auch am Nordrand der Schwäbischen Alb. Der Hagbergturm bei Gschwend wurde als erster 1901 erstellt, der Römerbergturm in unserer Umgebung 1912. Heute gibt es insgesamt 29 Aussichtstürme im Eigentum des Schwäbischen Albvereins.
Warum nicht auf dem Reußenstein?
Interessant ist das Schreiben des Vertrauensmänner des Schwäbischen Albvereins Wiesensteig Stadtschultheiß Hans Baumeister vom 23. Juni 1910 an den Obmann des Filsgaues Oberreallehrer Eisele: „ Von verschiedenen Touristen und Besuchern der im Eigentum der Königlichen Hofdomäne stehenden prächtigen Ruine Reußenstein, welche in der Oberamtsbeschreibung von Geislingen und Umgebung so reizend und wahrheitsgetreu beschrieben und geschildert ist, bin ich schon des Öfteren aufgefordert worden, den Albverein zu ersuchen, er möchte auf dem noch sehr gut erhaltenen, wetterfesten Turm, ein hölzernes oder eisernes Gerüste erbauen, etwa 15 – 20 m hoch, mit hölzerner oder eiserner Zugangsleiter, um die prächtige Fernsicht noch besser genießen und auch wieder auf den Hohenstaufen hinüber sehen zu können. Die etwaige Erlaubnis bzw. Genehmigung zur evtl. Errichtung dieser Bauarbeiten von der K. Hofdomäne Stuttgart würde wohl gerne erteilt und ich wäre als Hofkammeralamtsunterpfleger recht gerne bereit, evtl. die Genehmigung der K. Hofkammer nachzusuchen, wenn nicht der Albverein es vorziehen sollte, dies von sich aus einzuleiten. Hohe Kosten könnten hierdurch nach Ansicht verschiedener Sachverständiger keineswegs entstehen, da es sich nur um ein eisernes oder hölzernes Aussichtsgerüst mit Zugangsleiter im inneren des Turmes und nicht um einen steinernen Aufbau handeln würde. Mit einigen 100 Mark könnten die Bauten jedenfalls vollzogen werden, zumal das K. Hofkammeralamt vor 2 Jahren die ganze Ruine mit eisernen Sicherheitsschranken umgeben hat, so daß jede Haftpflicht ausgeschlossen ist. Auch das Landschaftsbild würde durch ein gefälliges ausgeführtes Gerüst auf dem Turm nur gewinnen und die Gegend und Aussicht hierdurch verschönern. Herr Oberförster Mezger, hier, mit dem ich an Ort und Stelle Augenschein genommen habe, hält die Sache auch für ausführbar. Ich bitte sie höflichst dringend, die Genehmigung und evtl. die Ausführung – auf Kosten des Albverein (vielleicht mit Beiträgen der K. Hofdomäne, der Stadtpflege Wiesensteig) im nächsten Etats-Jahr veranlassen zu wollen. Um baldgefl. Rückantwort wird höflichst gebeten. Mit bestem Albgruß! Ergebenster Vertrauensmann Stadtschultheiß Hans Baumeister.“ Die Idee wurde nie in die Tat umgesetzt.